Was ich so alles lese: Franzen, Krimis, Mathias Brandt, warum Kennedy ermordet wurde etc. etc. Reiner Eklektizismus. Aber doch immer wieder back to the roots… 

Hier kommt (natürlich) wieder Thomas Mann ins Spiel. Und zwar nicht “Die Buddenbrooks”, obwohl mein “bester” Roman for ever. Stattdessen wegen Corona und Endzeit und Meisterschaft des Novellarischen und des Lesens und und und: Tod in Venedig, mal wieder. Hier in unmittelbarer Nähe zum Meister, zeigt sich, wir sind inzwischen vom Schreiben des Wesentlichen so weit entfernt wie das nächste Schwarze Loch in der Milchstraße.

Und nun die aktuelle Situation: hier wie dort und damals Aktionismus, Verschleierung oder Desinformation, allerdings auch Tod im Kurort, dem morbiden Lido Venedigs – den gibt es heute und aktuell nur sporadisch. Es ist eben keine Cholera-Epidemie, dieses neue Covid-19-Virus oder Coronavirus. Aber die Angst, die Folgen und die Maßnahmen sind in etwa vergleichbar. So gesehen besitzt der Tod in Venedig eine  merkwürdige Aktualität und Beziehung zu heute.

Aber ach! ist es nur dieses?

Der pädophile Aschenbach (übrigens Thomas Mann selber nachempfunden!)  als angesehener Romanschriftsteller (“dIe Elenden”) geht hier am Lido einem schönen Jüngling nach, dem Tadzio oder Tadeusz einer polnischen Familie in Sommerfrische, und begegnet dabei dem Tod in vielerlei Gestalt, sowohl auf der Todesbühne der Cholera in Venedig also auch in der Gestalt des geschminkten Alten auf dem Urlaubsboot (das wiederum des Charon Schiff zu sein scheint). Und zum Schluss, tragödienhaft und dem zitierten Phaidros ähnlich, ist der Schöne es selber, der das Meer als letzte Bühne – wohl als Gott auch – betritt und den Alten einer letzten Verlockung aussetzt. Daran stirbt nun Aschenbach – aber wohl auch banalerweise an der Cholera. Ganz still und ganz nebensächlich. 

Eine wunderbare, eine meisterhafte Novelle. Lest sie mal wieder…