Zero Tolerance
Zur Zeit grassiert Gewalt gegen Politiker – Grüne und Sozialdemokraten – besonders bei Wahlvorbereitungen, die bis zur Krankenhausreife gehen kann. Man spricht von gesellschaftlicher Verrohung, von Verlust des Demokratie-Verständnisses, und dies speziell bei einer Gruppe, die unisono als rechtsextrem verortet wird. Um es klar zu sagen: Diese Gewalt und diese Gewaltbereitschaft jeder politischen Herkunft und Couleur ist zu verurteilen und zu bekämpfen, wo immer sie auftritt. Denn jene Zeiten, in denen politisch Andersdenkende, zumeist Kommunisten, zusammengeschlagen und auch getötet wurden, ist zum Glück vorbei. Aber – nie wieder ist jetzt und principiis obsta. Und alles hat mal so angefangen.
Was mir auffällt, ist die vielfach leise und zahme Umgangsweise oder „Herangehensweise“ unserer Politiker mit den Tätern. Wir leben ja nicht nur in einer „verrohten“ Gesellschaft, sondern auch in einer Leisetreter- und Diskussionsgesellschaft, bei der aus welchem Anlass auch immer, erstmal eine Beratung stattfindet, ein Arbeitskreis gegründet wird und der Justizminister davon redet, die gesetzlichen Vorschriften auch anzuwenden. Recht hat er zwar. Aber wenn man dann liest, dass die Täter des verbrecherischen Angriffs auf den sächsischen Politiker der SPD, vier an der Zahl, direkt wieder freigekommen sind, fällt einem eigentlich nichts mehr ein.
Man erinnert sich dann an die New Yorker Subway, die in den späten 90er Jahren von tätlichen Übergriffen verunsichert wurde und eigentlich nicht mehr benutzbar war. Der damalige Bürgermeister Guiliani, heute allerdings Trump-Anwalt, formulierte den Begriff „Zero Tolerance“ und setzte ihn in dieser U-Bahn auch um. Die Konsequenz: Gewalt und Übergriffe sind seitdem praktisch verschwunden.
Was hindert uns nun, diese gleiche oder eine ähnliche Praxis auch gegen diese neuen Gewalttäter hierzulande einzusetzen. Das heißt natürlich auch: Inhaftnahme, rasche Gerichtsverfahren, schnelle Verurteilung. Die unmittelbare Folge. Abschreckung. Das würde sicher manchen Täter hindern, solche Gewalt auszuüben. Warum nicht so? Ich höre schon: dazu fehlt das Personal – und es gab mal eine Berliner Richterin, die solche raschen Verfahren praktizierte. Sie musste gehen, oder hat von sich aus aufgegeben…
Die Frage nach dem Warum kann man in unserer Gesellschaft nicht begründet beantworten. Wir leben ja nicht nur in einer verrohten, sondern auch in einer vielfältigen, liberalischen und bunten Gesellschaft. Da ist für harte und unpopuläre Massnahmen kein Platz. Leider.
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