Endbetrachtung
Ich bin entsetzt. Am Mittwoch, dem 26.2.2020, hat das Bundes-Verfassungsgericht verkündet, dass das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe nichtig ist. Das ist eine erstaunliche und inhumane Entscheidung, die die so genannten “Schweizer Verhältnisse” legalisiert. Ein Hohes Gericht gibt sich dazu her. Ab heute kann man sich in Deutschland Organisationen bedienen, die einem das Glas mit Pentobarbital auf den Nachttisch stellen. Diese können sich freuen. Umsatz winkt. Und schlimmer: es ist dem Arzt erlaubt, – er macht sich nicht mehr strafbar – , wenn er das Glas selber füllt und hinträgt. Ich bin ja nunmal Arzt und in unsere Welt gestellt, um Leben zu erhalten, nicht zu zerstören. Das gebiete ja schon der (in die Jahre gekommenen) Hippokratische Eid, kann man hinausrufen. Dann ist es mit und ohne verfassungsrichterliche Grundsatzentscheidung ziemlich klar, wo das imperative Handeln des Arztes beginnt und endet.
Ich spreche nicht von persönlichen Erfahrungen und den uns Klinikern bekannten Finalzuständen, die uns zum Handeln geradezu zwingen. Dennoch kann es Fälle geben, bei denen der Leidensdruck des Einzelnen so stark ist, dass wenigstens die Überlegung angebracht sein könnte, eine solche Haltung einzunehmen. Ich denke etwa an die schmerzhaften Endzustände etwa von Krebskranken, die sich keine andere Lösung mehr vorstellen können als die, aus dem Leben zu scheiden. Das kann man zwar verstehen, doch greift hier eine ganz andere Kategorie ein, nämlich die der Palliativmedizin. Heute ist nämlich die Schmerztherapie so weit fortgeschritten, dass auch sehr intensive Schmerzzustände nicht nur mit dem Mo.-Hammer, sondern mit einer Vielzahl von additiven Maßnahmen angegangen werden können und das mit einer Erfolgsrate von mehr als 90%. Diese kontrapunktische und sehr praktische Überlegung muss viel mehr in die Köpfe aller.
So what??
Ich finde. die BÄK muss sich dazu eindeutig äußern. Tut sie aber nicht. Die Politik ist darüber hinaus aufgefordert, sich intensiv um Beratungsstrategien und Ausbau einer effektiven Palliativmedizin zu kümmern und der geschäftsmäßigen Sterbehilfe das schändliche Handwerk zu legen.
Wohin entwickelt sich unsere Gesellschaft? Ist kein anderes Thema…
Günter hat Recht. Es gibt die Palliativmedizin. Ich habe es miterlebt: Lena hat ihre letzten Lebenstage entsprechend in einem Hospiz verbracht.