GOTT im Fernsehen
Dieser Fernsehabend gestern war schon was Besonderes: es ging um ein „Kammerspiel“ im Berliner Ensemble, GOTT von Ferdinand von Schirach über Sterben, Suizid, Hilfe zu diesem und Tötung auf Verlangen, also eine ganze Palette von Problemen, die unsere Gesellschaft seit längerer Zeit umtreibt.
Das Ganze war aufgebaut als Spiel vor einem Ethikrat mit erstklassigen Schauspielern, Auer, Matthes, Habich. Leidinger etc, und der zentrale Akteur war ein Herr Gärner, der mit 78 Jahren gesund und geistig „normal“ aus dem Leben scheiden wollte, weil seine Frau unter möglicherweise entsetzlichen Qualen an einem Hirntumor starb. Die hinterlassene Lücke konnte er offenbar nicht ausfüllen und entschied sich für seinen Freitod. Es war für ihn unmöglich, das Mittel (15g Natriumpentobarbital) zu bekommen, und seine Ärztin, (Frau Mühe) wollte es ihm aus ärztlich-ethischen Gründen nicht verabreichen oder bereitstellen – verschreiben.
Das war die Grundsituation, und es traten vor einem befragenden Mitglied des Ethikrats auf: eine Verfassungsrichterin (Paul), ein Arztfunktionär (Schubert), ein Bischof (Matthes) und der Rechtsanwalt des Fordernden, ein Herr Biegler (Leidinger), mit jeweils konträren Ansichten und Überzeugungen. Der Rechtsanwalt war der aufgeklärte, teilweise zynisch wirkende Zweifler und Rationalist, der den doch etwas verzagt wirkenden Herrn Bischof doch ziemlich in die Bredouille brachte, als gut informierter, sogar bibelfester Frager, der die Kirchenväter bestens kannte. Der Bischof stammelte – aber gut gespielt! Wobei der Anwalt aber immer wieder auf sein Tablet schauen musste – nervig. Er war auch meist unterwegs im ganzen Saal, niemals standfest – Metapher für das Thema? Doch – er bestimmte die Richtung. Soweit war alles klar – der Rechtsanwalt vertrat den Menschen, die Ärztin und der Funktionär ihren Stand, der Bischof die (christliche) Religion. Letztere kam dabei etwas simpel weg, “vormodernes Christentum” wie eine Kommentatorin sagte. Doch der Anwalt war vom Autor eindeutig gesetzt – als Meinungsbildner und daher im Vorteil befindlich. So sehr, dass die interessante Abstimmung mit mehr als 70% für den „Kläger“ gegenüber ca. 29% Neinstimmen wahrscheinlich beeinflusst war.
Wo stehen wir, wir Ältere, die im Film in der Person des 78jährigen “Klägers” (der keiner war) angesprochen waren? Könnte es nicht sein, dass der so genannte “Dammbruch” auch dazu führen könnte, dass die Älteren “aussortiert ” und vielleicht sogar ihnen das Lebensende erleichtert werden könnte? Manche Zeichen in den heutigen Coronazeiten lassen einen solchen Verdacht aufkommen (Covid19-Triage etc.). Man bekommt eine Gänsehaut und denkt an vergangene Zeiten…
Das Thema ist ein unerschöpfliches und lange noch nicht ausdiskutiert, und es ist ein “Ja, aber”-Thema.
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