Zeitpunkte
Da sich nunmehr der Anfang des Zweiten Weltkrieges – nach dem Erinnerungswust des Ersten – zum 75sten Male jährt, und die Fernsehprogramme sich in der Präsentation von mehr oder weniger authentischen Zeitzeugen zu übertreffen suchen, stelle ich mir die Frage, wie mir wichtige Zeitpunkte unserer Generation meinerseits in Erinnerung geblieben sind.
1945: Kriegsende in Heepen bei Bielefeld: “Heff ju schocklett”, erinnere ich mich, sagten wir etwa 8-10jährigen zu den ersten amerikanischen Soldaten, Neger waren es (heute sagt man Schwarze). Und sie rückten die Schokolade heraus.
1961: Mauerbau (“Niemand hat die Absicht…”) hat mich informativ nicht erreicht…
1963: Kennedymord: Sass im Würzburger Bürgerspital, trank einen Schoppen und war mit einem kleinen Flirt beschäftigt. Doch den Schock darüber, dass da ein weltgeschichtliches Ereignis passiert war, den fühlte man.
1977: Schleyer, RAF: das hat mich auch quasi nicht wirklich erreicht. Man war mit anderem beschäftigt (Aufbau Völklingen etc.) und nahm das nur am Rande wahr.
1989: die “Wende“: sass mit einer Freundin im Auto und fuhr in den Schwarzwald. Hatte zwar das Gefühl, nun in Berlin sein zu müssen, aber es war schon so: hatte andere Pläne.
2001: Nine-Eleven. Ich war in einem Supermarkt einkaufen. Schaltete beim Rausfahren das Autoradio ein, und dann: die Wucht der Nachricht war immens. Man dachte – das gibt’s doch nicht! New York, die Türme, die Toten – war ja selbst dort oben gesessen im “Windows of the World” und jetzt sollten die nicht mehr da sein? Dann die Bilder im Fernsehen; es drängt sich im Nachhinein der Eindruck auf, dass es hier erstmals Bilder waren, die die eigentlichen Nachrichten übertrugen. Früher war es das gedruckte Wort, irgendwie distanzierter, und jetzt: man war nun “irgendwie” direkt dabei.
Und eigentlich kam danach nichts mehr…
Fazit: je mehr Bilder, desto tiefer die Erinnerung (?). Wie hätten denn unsere Eltern den Beginn des Zweiten Weltkrieges reflektier? Man weiss es nicht, aber es ging ja um Leben oder Tod, daher sicher intensiver als man denkt… Und eine manipulierte und manipulierende Wochenschau gab es ja schon.
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