Topografie des Terrors
Jetzt in Berlin am 5.11.2016: der Besuch des Dokuzentrums “Topografie des Terrors”, mit vielen Dokumenten der Nazizeit und der Führung durch eine aktuelle Ausstellung “Massenerschießungen in den besetzten Ostgebieten”, der war so bedrückend und niederschmetternd, dass man sich kaum dazu äußern oder gar Stellung nehmen kann. Man verspürt Übelkeit. Jede Stellungnahme ist dem Gefühl nach falsch – und doch, die da schossen, auf wehrlose, nackte Menschen, vorher bestohlene Menschen, das waren wir, wir Deutsche, wenn auch mindestens zwei Generationen vorher.
Meine persönliche zweifache Frage: waren unsere Eltern und Großeltern von verdeckter und jetzt offen zutage tretender Bösartigkeit? Würde es auch heute nur eines gut vorbereiteten Anlasses bedürfen, und das Gleiche würde passieren? Man fröstelt, man erschrickt, vor sich selber, denn es gibt ja aktuelle Beispiele:
Man nehme die Terrororganisation Islamischer Staat, die durch “Verführung”, nachfolgende Radikalisierung und Unterwerfung der jungen Menschen auch aus unserem Kulturkreis, dann sieht man, dass es immer noch funktioniert. Diese jungen Menschen, solche wie meine Enkel etwa, nehmen eine Waffe und töten zum Beispiel Christen, Ungläubige, also wieder unwertes Leben, und genau das hatten wir schon mal.
Du brauchst also nur eine (postfaktische) einfache, ideologische Formel, gern in den “sozialen” Medien, und deine moralische Mauer stürzt ein. So muss das gewesen sein, damals, auch ohne Facebook oder Twitter. Hinzukommt natürlich die Angst, was falsch zu machen in einem totalitären System, das von dieser Effizienz lebt. Und das System war radikal perfide, hat diese Angst geschürt. Es gab keine klaren Zuständigkeiten, jeder war im Ernstfall für sich und nur für sich verantwortlich. Das zeigten Schaubilder der Befehlsketten, die völlig verzahnt keinerlei Zuständigkeit nach oben erkennen ließen. Schlau, perfide, böse. Der Teufel war am Werk.
Und noch was: Was hat diese Fotografen bewegt, den ganzen Ablauf einer solchen Tötungsaktion in dem beispielhaft dargestellten polnischen Dorf, dieses ganze Dunkel abzulichten und aufzubewahren? Wenn man es positiv sieht, lag der Sinn in der Dokumentation für die Nachwelt. Gut. Allerdings kann man auch Sensationslust, Gaffertum und “stolze” Berichterstattung gegenüber den Angehörigen in der Heimat nicht ausschließen. Schlimm.
Lasst uns auch dafür beten, dass sowas nie wieder vorkommt, und doch: homo homini lupus est.