Cox oder der Lauf der Zeit ***
…passt irgendwie zu der Wortdiskussion “Jahreszeiten”, Zeit – dieser bedenkliche Fließfaktor der Vergänglichkeit – tempus fugit – carpe diem – tempora mutantur – etc.etc.
Cox oder der Lauf der Zeit von Christoph Ransmayr erzählt die Geschichte eines englischen Uhrmachers und seines Teams, das im 18. Jahrhundert aus England nach China aufbricht, um dem Kaiser Quianlong eine einmalige und alle Zeiten überdauernde Zeitmessmaschine zu bauen, eine ewig die Zeit messende Uhr.
Die Fabel ist eine fast philosophische Abhandlung über “den Lauf” der Zeit. Insoweit ist sie eher eine Reflexion denn ein Roman. Ist sie gut zu lesen? Das Buch ist erzählerisch recht gut aufgeladen, doch wurde es nach meiner Meinung in der Kritik ein wenig zu gut beurteilt. Es ist wort-überfrachtet. Die Handlung ist zäh. Eine angedeutete Liebesgeschichte zwischen einer kaiserlichen Konkubine An und dem Alister Cox verharrt im Ungefähren, wäre ja auch prinzipiell zu einem frühen Ende gediehen, denn auf die Verführung einer hohen Dame steht Folter und Tod. Sogar angedeutete tödliche Gefahren für die Uhrmacher aus der Hof-Meschpoke der Mandarine, denen die Nähe der “englischen Magier” zum Kaiser hochverdächtig und Störung ist, wird nicht zu Ende geacht, obwohl sie eigentlich logisch wäre. Durch die Schlüsselübergabe an den Kaiser, der dadurch zum Herrn dieser Uhr wird, läßt sich das Problem lösen. Das wirkt ebenso unlogisch.
Nun, die ganze Geschichte ist kompliziert dargestellt, aber doch auch wieder nicht uninteressant. Man kann das lesen, aber man fällt nicht vom Hocker. Denn was fehlt, ist die Spannung, also der rote Faden der Handlung. Das kann man als chinesische Form der Erzählweise deuten, aber es macht auch schläfrig. Und dann die erzählerische Grundlage, das Erstellen einer Unendlichkeitsuhr auf Quecksilber- und Luftdruckbasis, sie hat was futuristisches und stellt den Widerspruch zwischen der Messung verflossener Zeit und ihrer Neutralisierung durch die Ewigkeit dar. Er wird zum Schluss aufgehoben durch dieses Schlüsselwirrwarr, durch das der Kaiser, Herr der Zehntausend Jahre, Herr über diese Uhr wird. “Poesie der Zukunft”.
Alles das stimmt nachdenklich und lässt weiterlesen, Aber sowas hat der Österreicher Ransmayr (die Schrecken des Eises und der Finsternis, über die österreichische Nordpolexpedition von 1872) schon besser gemacht.
Fazit: lesenswert, aber unspannend. Drei Sterne.