8.Mai 1945
Es wäre schade, wenn wir als “abtretende” Zeitzeugen des Jahres der Befreiung 1945 (Weizsäcker 1985) so ganz ohne Stellungnahme oder Reflexion diesen denkwürdigsten aller Tage des 20. Jahrhunderts übergehen würden. Wie haben wir diesen Tag erlebt? Ich zum Beispiel in Heepen bei Bielefeld und unter den Augen von amerikanischen – farbigen – Soldaten (“heff ju schocklett?”). Ziemlich unspektakulär.
Wichtiger noch wären die permanenten Überlegungen, was unser Eltern und Großeltern zu dieser glaubhaft begeisterten Verdrängung des Geschehens im nationalsozialistischen Alltag geführt hat. Der Schauspieler Michael Degen (unnachahmlicher Vizequestore in der Krimireihe zu Donna Leon) schrieb einmal ein Buch “Es waren nicht alle Mörder” und berichtete über sein und das Schicksal anderer Juden, die in Berlin von arischen “Normalbürgern” versteckt wurden und so überleben konnten. Dieses stimmt.
Es waren auch nicht alles Kriminelle, Mafiosi oder gewalttätige Psychopathen, die damaligen Mit- und Staatsbürger. Was also hat sie verführt, diesem Psychopathen und seinen Handlangern zu folgen? Ein Umstand, der uns alle Zeit unseres noch lebbaren Lebens verfolgen wird. Es wird zwei Phasen geben, die es zu bedenken gilt: die erste Phase bis 1939 und die zweite ab 1939. Diese erste Phase war Bejahung und Mitgestaltung eines “neuen Deutschland” aus der Asche des Ersten Weltkriegs (national und sozial), doch die zweite Phase, die im Krieg ab 1939 datierbar wäre, ist eine Phase der Angst und Verdrängung, diktiert von den nun sehr sichtbaren lokalen Gewalttäter-Anführern, die geradezu als “Paten” des Systems dienten. Ich erinnere mich, wenn in meiner Familie die Sprache auf Juden kam, man sofort die Finger auf die Lippen legte. Bloss nichts sagen oder darüber sprechen… Angst war der Begleiter des täglichen Lebens
Ich werde mich sicher weiter dazu äußern…
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