Königliche Hoheit
Natürlich: im Wuste der millionenfachen Veröffentlichungen von “Literatur” und der Bestseller-Listen (Short- und Longlists) wird man als sinnender Leser doch immer wieder auf bewährte Autoren zurückgelenkt. Diesmal fiel mit in meinem Bücherschrank wieder ein Thomas-Mann-Roman in die Hände, den ich noch nicht kannte.
“Königliche Hoheit”, wieder ein (frühes, nach den Buddenbrooks entstandenes) Meisterwerk des Meisters nicht nur des Satzbaus, sondern der bissigen Ironie und der Beobachtung. Übrigens Satzbau: Gottfried Benn muss Thomas Mann gemeint haben, als er in einem seiner späten Gedichte schrieb: “Die wenigen, die was davon erkannt… Wovon eigentlich? ich nehme an, vom Satzbau.”
Und dieser Roman nun, er ist ein köstliche Satire auf die Vorkriegsgesellchaft vor dem Ersten Weltkrieg und spielt in einem fiktiven kleinstaatlichen Feudalstaat. Doch der steht kurz vor der Pleite – staatspolitisch gesehen durchaus aktuell -, ist von Korruption und Vetternwirtschaft geschüttelt, und – um es vorwegzunehmen – gerettet wird er durch einen millionenschweren Investor, der glaubt, von diversen Wässern einer dubiosen Heilquelle von einem Steinleiden geheilt zu werden. Es ist allerdings dieser Roman eine Art miniaturisierter Entwicklungsroman, denn er erzählt von der Entwicklung des Prinzen Klaus Heinrich von Grimmburg, eben jener Feudalherrschaft eines kleindeutschen Großherzogtums und seinem eher unfähigen Bruder Albrecht, der sich nach dem Tode des Vaters vom Regierungsgeschäft zugunsten des “Feinen und Reinen” Bruders zurückzieht. Dieser, an seiner verkrüppelten linken Hand behindert (wie Kaiser Wilhelm II), sieht sich zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten seines Landes ausgesetzt, denen der Prunk seiner Hofführung eine “Krone” aufsetzt. Es gibt aber im Lande eine Hoffnung: eine alte Zigeunerin hat geweissagt, dass von einem König mit nur einer Hand dem Lande dereinst ein neuer Wohlstand blühen auch in Form des nach Moder duftenden Rosenstockes, der dann edel duften werde. Die Wende geschieht nun dadurch, dass der Prinz sich Imma nähert, der Tochter des bereits angesprochenen Investors aus Amerika, einem deutschen Juden. Imma hat deutsches, jüdisches und indianisches Blut – also eine sehr interessante Mischung. Und dann ist da noch der nach Moder duftende Rosenstock, den Imma gar nicht mag…
Sie kriegen sich, und das Land ist saniert: ein schönes Beispiel von “self fulfilling prophecy”. Ob nun Klaus Heinrich und Imma biografische Bezüge besitzen auf Thomas und Katia Mann, sei dahin gestellt – ich glaube es nicht.
Sehr lesenswerte Geschichte! Und man lacht sehr… übe den hysterischen Collie Perceval oder die irre Gräfin Löwenjoul, der nachts preußische Feldwebel ins Zimmer kommen und ihr die Brust zerkratzen…