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“Was ich noch sagen wollte…” — Ein Kommentar

  1. Ich kann nur zu schildern versuchen, wie ich es meiner Erinnerung nach erlebt habe. Da konnte von völliger Ahnungslosigkeit keine Rede sein. So wurde z.B. hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, dass der oder die “abgeholt” worden sei. Auch der Begriff KZ war nicht unbekannt – und das auf dem Dorf.
    Es gab antisemitische Vorfälle – gegen Juden und solche, die man dafür hielt. Auf der anderen Seite
    schützte der regimetreue Bürgermmeister ein jüdisches Schwesternpaar, das unbehelligt überleben konnte.
    Mein Vater, Teilnehmer am 1. Weltkriegs mit langer Kriegsgefangenschaft, war als Volksschullehrer vom Frontdienst freigestellt, musste jedoch sog. als Kurier “Heimatdienst” leisten (sein Vorgesetzter war übrigens unser zeitweiliger Direktor Müller (“Piccolo”).
    Mein Vater kam aus der Tradition des Jungdeutschen Ordens, der bekanntlich antisemitisch war.
    Im Zuge der Entnazifizierung wurde er – etwas unscharf – als “Mitläufer ” eingestuft, das Umerziehungslager blieb ihm erspart. Er durfte allerdings einige Jahre nicht unterrichten und musste jobben. Ein überzeugter Nazi war er nicht, er äußerte sich innerhalb der Familie mehrfach skeptisch: an der Sache sei etwas faul und gehe sicher schief. Zeitweilig war er abkommandiert zum “Schanzen”, d.h. zu Arbeiten am Westwall in Holland. Wie er das alles unter einen Hut gekriegt hat, ist mir ein Rätsel. Er stammte aus einer Bauernfamilie mit einem überstrengen Vater. Er hat viel über die Vergangenheit erzählt, er war ein offener Mensch. Ich habe ihn leider zu wenig befragt.

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