Wenn man nach nunmehr über drei Jahren Bestehens dieser Website fragt, was sie denn nun real gebracht habe, fallen mir folgende kritische Punkte auf:

Ich schätze das Thema Internet bei Senioren immer noch ziemlich als kritisches Thema ein, denn nach neueren Statistiken sind 60% der Leute über 70 (immer noch) keine regelmäßigen Internetnutzer. Eine Website zu besuchen ist kein Alltagsgeschäft für diese; am ehesten noch wird Email als Infoträger und Kommunikationsmittel genutzt. Auch die anderen Aufreger unserer Internetzeit (wenigstens für die Jungen), Facebook und Twitter, sind nicht die bevorzugten Anlaufstellen, auch nicht für mich. Vielleicht macht Whatsapp, diese schnelle und doch unkomplizierte Nachrichtenapp (ein Datenkrake!) da eine Ausnahme?
Muss auch nicht sein, denn das freimütige Preisgeben des Privaten war nie unser Alltagsanliegen, wie dies aber heute für viele der Jüngeren unabdingbar, ja selbstverständlich erscheint. Eine missliche Entwicklung, meine ich, da diese Freigebigkeit, Freizügigkeit nicht nur sich ja auch in das Erwachsenenalter fortsetzen wird, sondern auch Gefahren birgt, die von der merkantilen Nutzung der “big data” bis hin zur persönlichen Gefährdung reicht. Das Internet als “Gefährder” – neues Stichwort.

Dennoch glaube ich, dass durch das biologische Vordringen der Netz-Freaks in auch fortgeschrittene Altersbereiche eine vermehrte Nutzung des Mediums mit sich bringen wird. Im Alter tummeln sich Senioren im Netz zunehmend. Vielleicht auch bei uns?

Neben diesen teils optimistischen Faktenbetrachtungen muss man aber auch die Aufgabenstellung dieser Website betrachten, die von mir anspruchsvoll als Bühne von und für Zeitzeugen angedacht worden war. Wir sind Zeitzeugen! Und wir werden, wie in diesen Jahren an den “Wenigen, die was davon erkannt” und die die KZs noch erlebt und überlebt haben, wieder sichtbar, auch weniger werden. Das ist biologische Auslese, da kann man nichts machen. Wir “dicken alten weißen Männer” sterben aus. So einfach ist das, aber auch so diskriminierend, denn es wird da vor allem in den so genannten sozialen Netzen transportiert, dass “wir” an allem Schuld sind, vor allem an Pegida, AfD und natürlich auch am Klimawandel. wir werden als Umweltsäue bezeichnet, die nicht gelernt haben und auch nichts mehr lernen werden. Trotz der Forderungen nach “lebenslangem Lernen” wird uns nachgesagt, dass wir aus einer anderen Welt vorzüglich der Verschwendung der Welt-Ressourcen
Wir, die Klasse der 56er, sind dennoch Zeitzeugen von Zeiten, die man heute kaum oder falsch erinnert. Das betrifft auch unsere Bildung, und das uns aufgegebene Bildungsideal, das humanistische nämlich. Es ist hier nicht der Platz, zu diesem so wichtigen Thema und der Verirrungen der heutigen Schulszene Stellung zu nehmen. Doch eines muss man sagen: diese heute unseren Enkels angebotene “Bildung” verdient diesen Namen nur noch angenähert und sieht sich vor allem nivelliert und einseitig dargeboten. Selbst die Qualität des Abis hat nachgelassen.Der Begriff Reife – wird der denn noch als oberstes Ziel gesehen? Reifezeugnis – nein danke.

Hier, auf unserer Website kann man, so dachte ich, über öffentliche aktuelle Themen diskutieren, wie etwa die Rolle von unseren Eltern, unsern Lehrern im Nazireich, und wie wir diese Eltern erlebt haben. Hier zeigte sich, dass einige unser Klassenkameraden sich sehr rege an den Diskussionen beteiligten, doch das Gros eben nicht. Das stört mich eigentlich nicht sehr, denn das aktive Mitteilen (s.o.) liegt uns Älteren eigentlich nicht mehr. Nicht allen liegt auch diese moderne Form der Diskussion, vielleicht auch das Thema selber… Sehr politisch waren wir alle nicht, damals. Immerhin ergab sich doch in diesen Diskussionen, dass unseren Eltern weniger Schuld zugemessen wurde wurde als gedacht. Und das obwohl die Welt heute weiß, dass das deutsche Volk mehr wußte als es später zugab. Verdrängung, Vergessen, mangelnde Verarbeitung, Scham, alles Gründe.

Der anderen Aufgabe, so eine Art musealer Standort zu sein, ist die Website sicher am meisten gerecht geworden. Ich freue mich immer wieder über die anerkennenden Worte mancher meiner Klassenkameraden, und ich freue mich auch selbst immer wieder über unseren Bilderpark, unseren Dokumentensilo und unsere Anekdotensammlung, unsere Lehrer-Website nicht zu vergessen. Hier liegen echte Schätze begraben.

Die erfreuliche, positive Rückantwort auf meine leider notwendige Aktion im Rahmend der DSVGO hat aber gezeigt, dass durchweg ein Interesse daran besteht, die Website wenigstens vorderhand, am Leben zu erhalten. Gut so!

Man muss auch überlegen, was mit all diesen Schätzen geschieht, wenn der Webmaster und die anderen, noch recht aktiven Kameraden unseres Beritts mal (in fernen Zeiten) “nicht mehr auf diesem Planeten weilen”. Da habe ich selber noch keine Vorstellung, was mich irgendwie rührt, aber nicht eigentlich umtreibt. Dennoch sind diese Überlegungen legitim, und Antworten nicht vorhanden…

Vielleicht sollte man jüngeren Angehörigen, z.B. Sohn oder Tochter – meist auch schon in die Jahre gekommen – einen Auftrag als Bewahrer geben?

Was hat sie, die Site, nun gebracht? Viel ist es nicht, aber genug, um sie weiter betreiben zu wollen!

G.Hennersdorf, 2013/2015/2018